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Am 24. November d.J. auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof in Düsseldorf-Ludenberg  fand ein traditionelles Totengedenken statt, organisiert vom Bürger- und Heimatverein Gerresheim 1950 e.V.

Auf diesem Friedhof liegen mehr als 1500 sowjetische Kriegsgefangene, die vom 1941 bis 1945 im Lager an der Bergischen Landstraße gestorben an Krankheiten, Hunger, Entkräftung und vielerlei Verletzungen gestorben sind.

Die Anwesenden wurden von der  1. Vorsitzenden des Bürger- und Heimatvereins Gerresheim  Rosemarie Theiß, vom Bezirksbürgermeister Karsten Kunert und vom Superintendenten der Evangelischen Kirche Heinrich Fuchs begrüßt.  Die Gedenkveranstaltung wurde von Hubbelrather Dorfmusikanten begleitet.

Gebet für die Toten und Litanei wurden vom Erzpriester Andreas Mammitzsch, Diakon Sergij  Konrad und Chormitglieder der Mariä-Obhut-Gemeinde  zu Düsseldorf übernommen.

 

Grußwort des Bezirksbürgermeistern Karsten Kunert anlässlich der Gedenkfeier am 24.11.2019 an der sowjetischen Kriegsgräberstätte Am Gallberg

Lieber Bürger- und Heimatverein, Liebe Rosi Theiss

Sehr geehrter Herr Erzpriester Mammitzsch

Sehr geehrter Pfarrer Fucks,

Liebe Anwesende,

Wir gedenken heute der hier 1500 vornehmlich sowjetischen Kriegsgefangenen, die hier unter erbärmlichen Zuständen umgekommen sind. Sie wurden ermordet, sie wurden in den umliegenden Arbeitslagern und als Zwangsarbeiter totgeschuftet.

Im letzten Jahr stand ich hier und habe in Aussicht gestellt, dass wir viele derer, die hier begraben sind aus der Anonymität holen wollen – ein Projekt der Mahn- und Gedenkstätte gemeinsam mit der Theodor-Andresen-Schule und unterstützt von der Bezirksvertretung. Leider ist es dazu bisher nicht gekommen. An mangelnder Unterstützung durch die Bezirksvertretung hat dies nicht gelegen. Sie können aber versichert sein, daß ich weiterhin bemüht bin, dass die hier Begrabenen durch Namenstafeln aus ihrer Anonymität gerissen werden.
Heute werden vor allem in den sog. Sozialen Medien die Opferzahlen gegeneinander aufgerechnet. Wir machen hier nicht mit. Uns ist jedes einzelne Opfer wichtig Deshalb halte ich an dem Projekt fest, den Opfern, die hier begraben sind, einen Namen zu geben.

Es ist auch ein Trend in den Sozialen Medien zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen – und es sind nicht nur die Jüngeren – über das Weltgeschehen ausschließlich in den Sozialen Medien informieren. Sie picken sich nur noch die Nachrichten aus dem Netz heraus, die bequem für ihr eigenes Weltbild sind. Neutrale Informationen aus neutralen Quellen finden immer weniger Platz. Das ist bequem, denn man braucht sich nicht mehr selbst hinterfragen. Man braucht nicht abwägen, stimmt meine Sicht der Dinge mit der Realität überein. Schuldige für meine eigene Misere werden mir im Netz präsentiert. Dieses Verhalten machen sich politische Scharlatane zunutze, die keinesfalls daran interessiert sind, dass das Zusammenleben der Menschen besser organisiert wird und sie bieten auch keine Lösungsansätze für soziale Probleme. Sie diffamieren lediglich „Andere“ als die Schuldigen. Diese Scharlatane versuchen lediglich uns ihr Weltbild zu vermitteln – und das fällt leider immer mehr auf fruchtbaren Boden. Die Gräuel der Nazi-Herrschaft werden heruntergespielt oder gar geleugnet und als „Vogelschiss“ in der Geschichte bezeichnet.
Dabei wird der Ton immer rauer. Galten vor einigen Jahren rassistische Diffamierungen noch als Tabu, so werden sie heute offen nach außen getragen und das auch nicht mehr anonym, sondern offen mit Namen.

Ich halte die Demokratie, wie wir sie heute in Deutschland erleben dürfen – seit mehr als 70 Jahren ohne Krieg – noch immer für die beste und vor allem menschlichste Regierungsform, auch wenn nicht immer alles nach meiner Nase läuft. Doch werde ich nie auf die Idee kommen, dass ich diese Demokratie durch ein autokratisches System ersetzen will, sondern ich werde, auch wenn ich mit meiner Meinung unterliege, diese Demokratie und diesen Rechtsstaat verteidigen.

Doch diese Demokratie lebt nicht durch sich selbst; sie muss täglich durch uns gelebt und verteidigt werden – gerade angesichts der vielen Bedrohungen. Und deshalb halte ich Gedenktage und Gedenkfeiern, wie dem heutigen, für so wichtig. Denn er zeigt auf, wohin eine Autokratie und Diktatur führen kann: In Barbarei und Tod.

Und deshalb danke ich dem Bürger- und Heimatverein Gerresheim dafür, dass er auch weiterhin an dieser Gedenkfeier – gegen das Vergessen  – festhält.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.