Dieser heutige Tag, der dem Fest zu Ehren des Kreuzes des Herrn vorausgeht, wird, Brüder und Schwestern, der Sonntag vor der Erhöhung genannt. Die Gottesdienstordnung des heutigen Tages empfiehlt der Aufmerksamkeit der Kinder der Kirche neben der Lesung des Sonntagsevangeliums einen weiteren Abschnitt aus dem Evangelium, in dem von der unaussprechlichen Liebe Gottes zum Menschengeschlecht und von der Sendung des Erlösers, des einziggeborenen Gottesohnes, auf die Erde die Rede ist.
„Niemand ist in den Himmel aufgefahren als nur der Menschensohn, der in den Himmeln weilt. Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so musste der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen einziggeborenen Sohn dahingab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet wird” (Jo 3,13-17).
Vor dem Kommen des Erlösers in die Welt, vor Seinen Leiden, Seinem Tod und Seiner Auferstehung ist niemand in den Himmel aufgestiegen. Die Sünde erlaubte keinem Menschen dort einzutreten; der Himmel war selbst für die Gerechten unerreichbar, ganz gleich, wie heilig und untadelig sie lebten. Erst nach dem Kreuzestod des Gottessohnes für uns wurde der Himmel für die Gerechten und reuigen Sünder geöffnet. Unter „Himmel“ ist dabei das himmlische Königtum zu verstehen, das allen offensteht, die das Heil erben wollen.
Die heutige Evangelienlesung erhellt uns auch, Brüder und Schwestern, das Geheimnis des Kreuzes. Bevor unser Herr Jesus Christus gekreuzigt wurde, war das Kreuz nichts anderes als ein Instrument der Schande und einer erniedrigenden Strafe. Nach der Kreuzigung des Herrn aber wurde das Kreuz zu einem Instrument der rettenden Kraft und der Heiligkeit, zu einem Symbol des Sieges über das Böse, über die Ungerechtigkeit und den Tod. Dazu hat es der Tod des Erlösers gemacht. Das Kreuz Christi ist der untrügliche Beweis für die unaussprechliche Liebe unseres Erlösers zu uns. „Kaum jemand wird sterben für einen Gerechten” (Röm 5,7), sagt der Apostel. Der Herr aber hat für uns, für Sünder, gelitten, weil Er „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen” (1 Tim 2,4).
Allen, Brüder und Schwestern, ist die Möglichkeit gegeben, gerettet zu werden und das Himmlische Königtum zu erben. Das erfordert nicht wenig Anstrengung, denn nur, wer sich anstrengt, wird es erben (vgl. Mt 11,12). Wenn das Maß der Liebe Gottes zu uns das Kreuz Christi war, dann muss auch das Maß unserer Liebe zum Erlöser das Kreuz sein. „Wer Mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach” (Lk 9,23), lehrt und gebietet der Herr. Danken wir dem Herrn am Kreuz, der für uns gekreuzigt wurde, beweisen wir die Aufrichtigkeit unserer dankbaren Liebe, indem wir unser Kreuz tragen, und wir werden das ewige Heil erlangen und Erben des Königtums Gottes werden. Amen.”